Klassenloses Kreiskrankenhaus

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Das Klassenlose Kreiskrankenhaus (auch bekannt als teuerste Wiese Deutschlands[1]) war ein Bauprojekt des Altkreises Hanau unter Landrat Woythal. In Hochstadt sollte durch Beschluss des Kreistages auf den Flurstücken Im Kerker, Auf der Weidenkaute und Alte Ziegelhütte ein klassenloses Krankenhaus und Wohnungen für Krankenhausmitarbeiter entstehen.[2]

Karte von Hochstadt 2023

Nach der Streichung des Krankenhauses aus dem Bettenbedarfsplan des Landes in den 70er Jahren[3] und der Aufhebung des Bebauungsplans durch Maintal in den 80er Jahren entstand dem Kreis zunächst ein Schaden von etwa zehn Millionen Euro. 2009 ließ die Stadtverordnetenversammlung dort in einem Teil eine weitere Bebauung an der Weidenkaute zu. Ein Teil des Gebiets blieb Streuobstwiese.[4]

Geschichte

Pläne

Unterstützt vom hessischen Sozialminister Heinrich Hemsath (SPD) forderte der Hanauer Landrat Martin Woythal (SPD) 1969 ein "klassenloses" Modellkrankenhaus. Die CDU nannte diese Vorschläge "Utopie" und "sozialistische Parolen".[5]

1971 wurde für ein künftiges Kreiskrankenhaus im Kreis Hanau ein Bedarf von 430 Betten berechnet. Da der Landrat Woythal aus dem Sozialministerium die Empfehlung hatte, das Kreiskrankenhaus aufgrund der erwarteten Bevölkerungsentwicklung in der Nähe des Hanauer Stadtkrankenhauses zu bauen kamen nur wenige Gegenden infrage: Hochstadt, Dörnigheim, Großauheim oder Wolfgang.[6]

1972 beschloss der Hanauer Kreistag, ein Krankenhausgebäude im Nordosten Hochstadts auf den Flurstücken Im Kerker, Auf der Weidenkaute und Alte Ziegelhütte zu bauen. Die Gemeindevertretung (Hochstadt) beschloss noch am Abend des Kreistagsbeschlusses eine sofortige Veränderungssperre.[7] Auch die meisten CDU-Abgeordneten stimmten dafür.[8]

Der hessische Sozialminister Horst Schmidt (SPD) genehmigte das Raumprogramm und den Bedarf von 430 Betten 1972. In einem Erlass forderte er den Kreisausschuss 1974 auf, den geplanten Bau auszuschreiben.[9]

Am 3. Juli 1973 schlossen Stadt und Kreis den Vertrag über den Krankenhausbau in Hochstadt auf dem Gebiet Auf der Weidenkaute.[10]

Erste Zweifel

Seit spätestens 1974 gab es Zweifel am Bedarf eines neuen Kreiskrankenhauses in Hochstadt. So titelte die F.A.Z. "Teure Krankenhausbetten gibt es genug". Der Hanauer Krankenhausdezernent Strecke rechnete mit dem Schlüssel "Sieben Betten pro 1.000 Einwohner" (ein Drittel Nachsorge, zwei Drittel Akutbetten) vor, dass für die damals 371.000 Einwohner 1.731 Akutbetten und 866 Nachsorgebetten zur Verfügung stehen müssten. Für den Main-Kinzig-Kreis sprach er unter der Berücksichtigung des Stadtkrankenhauses Hanau, dem St.-Vincenz-Krankenhaus, dem Kreiskrankenhaus Gelnhausen und dem Kreiskrankenhaus Schlüchtern von 50 fehlenden Akutbetten und 866 fehlenden Nachsorgebetten. Die kleineren Krankenhäuser in Bad Orb und Salmünster, sowie das Altenzentrum Rodenbach sollten ca. 400 Nachsorgebetten schaffen können, so Strecke. Damit bestünde nur ein Bedarf für 400 Nachsorgebetten, die Hochstadt beisteuern könnte. Das Kreiskrankenhaus in Hochstadt sollte allerdings mit 430 der teureren Akutbetten ausgestattet werden und wäre damit am Bedarf vorbeigeplant. Das Krankenhaus nannte er ein "politisches Prestigeobjekt". Er forderte eine bedarfsgerechte Planung.[11] Diese Zweifel gab es auch innerhalb der SPD.[12]

Auch mit der CDU-Mehrheit forderte der Kreistag des Main-Kinzig-Kreises das Land Hessen auf, den Krankenhausneubau anzugehen. Es waren seitens des Kreises bereits Aufträge für 45 Millionen Mark vergeben worden, die allerdings trotz eindeutigen Zusagen des Landes Rücktrittsklauseln zugunsten des Kreises enthielten. Das Land forderte nun eine Reduzierung der Planungen auf 250 Akutbetten und 18 Nachsorgebetten.[13]

Alle Fraktionen des Kreistages hatten den hessischen Sozialminister Horst Schmidt aufgefordert, "unverzüglich die Bereitschaft des Landes für den Neubau zu erklären und die Finanzierungsmittel bereitzustellen". Der CDU-Abgeordnete Pich erklärte, er sei für das Kreiskrankenhaus, nur nicht für ein klassenloses.[14]

Der frühere Hanauer Landrat Woythal forderte 1975 vom Land Hessen, dass dieses dem Main-Kinzig-Kreis die Planungskosten in Höhe von sieben Millionen Mark erstattet, da der Kreis diese Kosten im Auftrag des Landes hatte. Der hessische Sozialminister Horst Schmidt kündigte an, dass das Land seinen Verpflichtungen nachkommen werde, setzte allerdings zunächst eine Prüfung der Kosten an.[15]

Das "enfant terrible" der hessischen Regierungskoalition, der FDP-Landtagsabgeordnete Krüger, zweifelte 1975 am Schauprojekt des ehemaligen Hanauer Landrats Woythal.[16] Auch der CDU-Landtagsabgeordnete Korn forderte, das Projekt zu überdenken. Neuen Messungen der hessischen Mess- und Prüfstelle zufolge wären die Kranken in Maintal erheblichen Lärmbelästigungen ausgesetzt.[17]

Am 18. August 1975 deutete der hessische Sozialminister Schmidt (SPD) an, dass das klassenloses Modell-Krankenhaus in Hochstadt nicht gebaut werden würde, obwohl bereits ein Jahr zuvor ein gutbesoldeter Verwaltungsleiter eingestellt wurde und bereits neun Millionen Mark Planungskosten angefallen waren. Aus zwei Gründen wurde nämlich der Bettenbedarf deutlich nach unten korrigiert. Zum einen wurde der Bevölkerungszuwachs mittlerweile niedriger geschätzt, Hessen sollte 1985 287.000 Einwohner weniger haben als zuvor prognostiziert. Zum anderen sei die Aufenthaltsdauer der Patienten im Krankenhaus in den letzten Jahren ständig zurückgegangen und könne weiter reduziert werden, sodass man von der Schlüsselzahl 6,8 Betten je 1.000 Einwohner rechnet.[18]

Kritiker des Klassenlosen Kreiskrankenhauses meinten, es sei nie mehr als eine "buntschillernde Seifenblase" des "cleveren Landrats" gewesen.[19]

Anfang 1976 wurde klar, dass Planungskosten in Höhe von fast zehn Millionen Mark verloren gehen würden, selbst wenn das Kreiskrankenhauses noch gebaut werden würde. Zudem sei die angegliederte kommunalen Siedlung für das Krankenhauspersonal aufgrund des Überangebots von Wohnungen auf dem freien Markt und der geringen Nachfrage nach Plätzen in Schwesternwohnheimen und Arzthäusern wenig sinnvoll.[20]

Scheitern der Pläne

Infolge der Änderung des Bettenbedarfsplan, wonach ein weiteres Akutkrankenhaus im Raum Hanau nicht mehr benötigt wurde, schlug der Hanauer CDU-Fraktionsvorsitzende Harms Jäger vor, in Hochstadt anstelle des Kreiskrankenhauses eine psychiatrische Klinik mit 150 Betten für das Versorgungsgebiet Frankfurt und Offenbach zu bauen. Es bestünde bereits ein Engpass im Psychatriebereich und die Landesregierung habe nicht positiv auf den Wunsch der Hanauer Stadtverordneten, dem Stadtkrankenhaus eine Psychiatrie anzugliedern, reagiert.[21]

1979 waren die Pläne für das klassenlose Krankenhaus in Hochstadt auf Eis gelegt, obgleich es noch im Bettenbedarfsplan bis 1985 aufgeführt blieb. Die Krankenhauskonferenz Frankfurt-Offenbach schlug die Streichung des Krankenhauses aus dem Bedarfsplan vor. Der SPD-Fraktionsführer im Kreistag, Karl Eyerkaufer (SPD), gab der Kreis-CDU die Schuld, sie hätten nicht genug dafür gekämpft und im Verteilungswettkampf "ihre Stimme nicht laut genug erhoben". Es drohte ein Millionenschaden für den Kreis, da nicht nur Planungskosten in Höhe von 2 Millionen Mark für den Kreis (4 Millionen für das Land) angefallen sind, sondern auch die Nassauischen Heimstätte, die für den Altkreis Hanau Grundstückskäufe getätigt hatte, 12 Millionen Mark vom Kreis fordern könnte. Sie sollte neben dem Krankenhaus für das Krankenhauspersonal auf einem Teil der zwanzig Hektar Wohnungen bauen. Da Hochstadt etwa ein Drittel des Geländes unentgeltlich dem Kreis für den Bau des Krankenhauses zur Verfügung stellen wollte, hatte die Nassauische Heimstätte nur zwei Drittel des Grundstücks zum Quadratmeterpreis von vierzig Mark kaufen müssen. Da die Stadt Maintal das Gelände nicht in ein Wohnbaugebiet umwandeln wollte, blieb dem Kreis neben Kaufpreis, Nebenkosten und angelaufene Zinsen nur "nutzloses Land". Die nunmehr 317 im Bedarfsplan im Main-Kinzig-Kreis fehlenden Krankenhausbetten sollten Erweiterungen bestehender Einrichtungen aufgefangen werden.[22]

Der hauptamtliche Stadtrat Karl-Heinz Schreiber meinte 1984 bei der Aufhebung des Bebauungsplans und der beschlossenen Veränderungssperre, dass eine reine Wohnbebauung nicht sinnvoll wäre. Erstens sollte Maintal nicht über die "überschaubare" Größe von 40.000 Einwohner wachsen. Zweitens sollte keine Siedlung am Hochstädter Ortsrand hinter einem großen Industriebetrieb gebaut werden. Im Grundsatz waren alle Fraktionen der Stadtverordnetenversammlung für die Aufhebung und wollten, dass das Gebiet Grünland bleibt und der Naherholung dient. Allerdings enthielt sich die FDP und die CDU stimmte dagegen (es gab eine absolute Mehrheit der SPD). Die F.A.Z. mutmaßte, dass die CDU gegen die Aufhebung stimmte, weil sie Regressforderungen und Folgen für die CDU-Führung im Kreis befürchtete. Die Nassauische Heimstätte gab bekannt, weiterhin bauen zu wollen und gegebenenfalls alle rechtlichen Mittel ausschöpfen zu wollen.[23] Bei der Aufhebung konnte die Stadt sich auf eine Regelung des Bundesbaugesetzes stützen, wonach ein Bebauungsplan ohne Entschädigung an die Grundstückseigentümer aufgehoben werden konnte, wenn 7 Jahre lang keine ernsthafte Bauabsicht zu erkennbar war.[24]

Auszug aus dem Bundesbaugesetz (BBauG) (Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1976, Teil I):

§ 44 I BBauG: "Wird die zulässige Nutzung eines Grundstücks auf gehoben oder geändert und tritt dadurch eine nicht nur unwesentliche Wertminderung des Grundstücks ein, so kann der Eigentümer nach Maßgabe der folgenden Absätze eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen."

§ 44 II BBauG: "Wird die zulässige Nutzung eines Grundstücks innerhalb einer Frist von sieben Jahren ab Zulässigkeit aufgehoben oder geändert, so bemißt sich die Entschädigung nach dem Unterschied zwischen dem Wert des Grundstücks aufgrund der zulässigen Nutzung und seinem Wert, der sich infolge der Aufhebung oder Änderung ergibt."

§ 44 VIII BBauG: "In den Fällen der Absätze 5 bis 7 besteht der Anspruch auf Entschädigung nicht, wenn der Eigentümer nicht bereit oder nicht in der Lage war, das beabsichtigte Vorhaben zu verwirklichen. Der Eigentümer hat die Tatsachen darzulegen, die seine Bereitschaft und Möglichkeiten, das Vorhaben zu verwirklichen, aufzeigen."

Neue Ideen für die teuerste Wiese Deutschlands

Auch der CDU-Landrat Hans Rüger drohte der Stadt. Sie würde den Vertrag mit dem Kreis vom 3. Juli 1973 aufkündigen und sei dafür verantwortlich, wenn der Kreis der Nassauischen Heimstätte für praktisch wertlose Grundstücke und Zinsen 15 Millionen Mark zahlen müsste. Für die Stadt argumentierte der Erste Stadtrat Karl-Heinz Schreiber, dass Maintal weiterhin am Bau des Krankenhauses festhalte und lediglich verhindern wolle, dass entgegen dem intendierten Zweck des Vertrages eine reine Wohnbebauung stattfinden würde. Eine Siedlung sei nur aufgrund des Krankenhauses und für das Personal geplant worden. Die Wertentwicklung des Gebietes wurde 1984 folgendermaßen eingeschätzt: Mit Hilfe der Gemeinde Hochstadt zahlte die Nassauische Heimstätte je Quadratmeter rund 40 Mark. 1984 soll der Wert auf 200 Mark gestiegen sein und sei mit der Aufhebung auf 3 bis 4 Mark gesunken. Der Erste Stadtrat kündigte an, unverzüglich einen neuen Bebauungsplan aufzustellen, falls die Krankenhauspläne des Kreises doch verwirklicht werden sollten. Damit wurde in Maintal allerdings nicht gerechnet. Als Alternative wurde ein mögliches Sonderkrankenhaus für den Bereich Frankfurt in Betracht gezogen. Die Nassauische Heimstätte forderte ihrerseits von Stadt und Kreis, ihr die Grundstücke zu dem gezahlten Preis (einschließlich Zinsen) abzukaufen.[25]

Das Hanauer Landgericht urteilte, dass der Kreis der Nassauischen Heimstätte GmbH Frankfurt 13 Millionen Mark zahlen muss und gab damit der Klägerin Recht. Bemühungen um einen Vergleich blieben erfolglos. Landrat Hans Rüger hoffte im Anschluss auf eine Einigung mit der Stadt Maintal und setzte darauf, dass die Hälfte des Geländes mit Wohnungen bebaut werden könnte und die andere Hälfte Grünland bleiben würde. Das Gericht sah dagegen keine Zahlungspflicht bei der Stadt Maintal.[26]

In Hochstadt wurde gescherzt, der Einstieg ins Fremdenverkehrsgeschäft würde sich lohnen, da Touristen sicher die teuerste Wiese Deutschlands sehen wollen. Der Bürgermeister Walter Unger (SPD) forderte Lösungsvorschläge vom Kreis und zugleich kündigte an, den Kreis nach dem Urteil nicht im Regen stehen zu lassen, obwohl sie durch die Veränderungssperre die Lage des Kreises verschärft hatte. Diese wurde damit begründet, dass die Stadt die Grundstücke für den Kreis nur für das Krankenhaus und die dafür erforderliche Siedlung gekauft hatte und mit Nachforderungen ihrer Bürger rechnete, falls nun daraus reines Bauland würde und es nicht der Gemeinschaft dienen würde. Außerdem sei eine alleinige Siedlung dort nicht sinnvoll. Dort müsste auch eine Gemeinschaftseinrichtung entstehen.[27] Eine reine Wohnbebauung war ausgeschlossen, weil rund 60 Prozent der früheren Grundstückseigentümer sich im Kaufvertrag den gemeinnützigen Zweck garantieren lassen haben und daher für 40 Mark pro Quadratmeter verkauft haben. Für den Fall, dass keine Gemeinschaftseinrichtung gebaut würde, müssten sie entschädigt werden und der Kreis würde Einnahmen verlieren.[28]

1987 beschloss der Kreistag die Aufnahme eines Kredits in Höhe von 15 Millionen Mark zur Finanzierung des Ankaufs des Geländes Weidenkaute. Der SPD-Landrat Karl Eyerkaufer meinte, die SPD Maintal sei für eine Bebauung mit Einrichtungen für den Gemeinschaftsbedarf, etwa Instituten. Eine Wohnsiedlung, insbesondere Millionärsvillen, wolle die örtliche SPD nicht, da damit nur die CDU gestärkt werden würde. Die CDU wünsche sich eine Bebauung. Bauland würde dort 400 bis 500 Mark kosten, was sich "keine Freunde der SPD" leisten können.[29]

Der SPD-Landrat Karl Eyerkaufer schlug 1989 vor, das Gebiet "Weidenkaute" mit Sozialwohnungen zu bebauen. Der Erste Stadtrat und Baudezernent von Maintal, Karl-Heinz Schreiber (SPD), lehnte das mit bekannten Argumenten (Nähe zum Industriebetrieb, Streuobstwiese/Naherholungsgebiet, Kanalisationsprobleme) ab. Für von ihm befürwortete Sozialwohnungen habe Schreiber andere Flächen im Sinn.[30]

Die "teuerste Wiese Deutschlands" verkleinerte sich 1989 und 1992 etwas, als ein Teil zur Bebauung und Erweiterung der Apfelweinkelterei Höhl genutzt wurde.[31]

Im September 1990 beschloss der Kreistag des Main-Kinzig-Kreises, die Stadt Maintal zu verklagen.[32]

Das Verwaltungsgericht Frankfurt wies die Klage des Main-Kinzig-Kreises im Januar 1998 ab. Der Verwaltungsgerichtshof Kassel ließ Berufung zu. Mit einem Urteil wurde nicht vor 2001 gerechnet. Noch im Jahr 2000 zahlte der Kreis für das Areal jährlich 600.000 Mark Zinsen. Im Falle einer Teilbebauung, also 100.000 der restlichen 155.000 Quadratmeter, erwartete der Kreis Einnahmen in Höhe von 50 bis 60 Millionen Mark. Politiker aller Fraktionen verteidigten allerdings die Streuobstwiese trotz des Schadens für den Kreis.[33]

Der Erste Beigeordnete und Finanzdezernent des Main-Kinzig-Kreises, Günter Frenz (CDU), forderte von der Stadt Maintal, sie solle die Weidenkaute in Bauland für Gewerbe oder Wohnen umwandeln. Dafür solle Maintal im Gegenzug mit bis zu 30 Millionen Mark an den Erlösen des Verkaufs beteiligt werden.[34]

Im Oktober 2000 stimmte die Große Koalition aus SPD und CDU in einer Kreistagssitzung dafür, die Weidenkaute als "ökologische Ausgleichsfläche" für den Flughafen-Ausbau in Frankfurt zu verwerten. Die Grünen stimmten dagegen. Bürgermeister Erhard Rohrbach (CDU) lehnte das ab, weil die Fläche ohnehin bereits ökologisch wertvoll sei. Der Kreisfinanzdezernent Günter Frenz (CDU) erwiderte, dass ein großer Teil als Acker genutzt würde und eine ökologische Aufwertung als Ausgleichsfläche somit möglich sei.[35]

Die CDU zog in den Kommunalwahlkampf 2001 mit der Forderung, die Streuobstwiesen zu erhalten und den Vorschlag der "ökologische Ausgleichsfläche" abzulehnen.[36]

Landrat Karl Eyerkaufer (SPD) versuchte 2001, das Gelände als ökologische Ausgleichsfläche etwa für den Flughafenausbau zu nutzen. Zugleich wollte 2001 weiterhin gerichtlich gegen die Stadt Maintal vorgehen. Mit dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs in Kassel rechnete man noch im selben Jahr.[37] Maintals Bürgermeister Erhard Rohrbach (CDU) lehnte das umgehend ab und meinte, ein Neubaugebiet des Areals zwischen Hartigwäldchen und dem Bäunesberg sei ökologisch untragbar und mit sei "völliger Unsinn" mit Blick auf die Stadtentwicklung.[38] Im Falle einer Nutzung als Ausgleichsfläche sollte, nach Willen des Kreises, die Stadt die Hälfte des Erlöses erhalten.[39]

2002 bot Fraport dem Kreis mündlich an, das Hochstädter Gelände "Weidenkaute" als Ausgleichsfläche für den geplanten Ausbau des Flughafens zu erwerben. Dabei wurde von einem als hoch eingeschätzten Quadratmeterpreis von 300 Euro gesprochen.[40]

Am 21. November 2002 entschied der Hessische Verwaltungsgerichtshof (VGH) in Kassel, dass der Main-Kinzig-Kreis von der Stadt Maintal nicht die Erstattung von 612.000 Euro verlangen kann. Dafür gebe es keine Grundlage.[41] Der Main-Kinzig-Kreis scheiterte auch mit seiner Berufung vor dem Hessischen Verwaltungsgerichtshof in Kassel.[42]

Schwierigkeiten der Kelterei Höhl und Beilegung des Streits

2005 beabsichtigte der von Bürgermeister Erhard Rohrbach (CDU) geführte Magistrat, das Gelände "Weidenkaute" und das Gewerbegebiet, auf dem sich die Kelterei Höhl befindet, in ein Wohngebiet umzuwandeln. Für die Größe des Wohngebiets gab es auch den Vorschlag, bis an den Ortsrand Wachenbuchens zu planen. Außerdem sollte dort ein "Kleeblatt" des DRK-Seniorenzentrums entstehen. Anlass für die neuen Pläne waren die finanziellen Schwierigkeiten der Kelterei Höhl (Schulden in zweistelliger Millionenhöhe[43]). Unklar war zu dem Zeitpunkt, ob und wo der Betrieb fortgeführt werden würde. Rohrbach versicherte bei seinen Planungen, dass die Streuobstwiesen unangestastet blieben und der benachbarte Acker noch mit Obstbäumen aufgeforstet würde. Der Main-Kinzig-Kreis begrüßte die neuen Pläne.[44]

Alt-Bürgermeister Dr. Walter Unger kritisierte die Pläne seines Nachfolgers in einem Leserbrief scharf als Geschenke für die Kelterei Höhl bzw. die Eigentümerfamilie und den Kreis. Die Kelterei Höhl habe 29.000 Quadratmeter für 4,7 Millionen Mark (162 Mark pro Quadratmeter) gekauft und könnte das Land dann für 7,2 Millionen Euro (14 Millionen Mark, 250 Euro pro Quadratmeter) verkaufen. Der Teil der Weidenkaute nördlich der Kelterei Höhl könne dem Kreis 7,5 Millionen Euro einbringen. Unger meinte, die Hochstädter, die für das Krankenhaus ihr Land für 40 Mark pro Quadratmeter verkauft haben, könnten sich daher "fragen, ob sie damals nicht übers Ohr gehauen worden sind – denn das Geschäft mit Bauland hätten sie auch selbst machen können."[45]

Auch andere Parteien, wie Grüne und FDP, unterstützen die Pläne des Bürgermeisters im Grundsatz, da so Arbeitsplätze bei der Kelterei Höhl gerettet würden.[46]

Im August 2005 unterzeichneten Landrat Erich Pipa (SPD) und Bürgermeister Erhard Rohrbach (CDU) eine "Grundsatzvereinbarung". Die Stadt ermöglichte die Ausweisung des Wohngebiets auf dem 40.000 Quadratmeter großen Grundstück in Hochstadt, das an die Fritz-Schubert-Schule grenzt, sodass der Kreis Bauland für Einfamilienhäuser verkaufen konnte. Dafür erhielt die Stadt daraus ein 4.000 Quadratmeter großes Grundstück zur Errichtung eines dritten "Kleeblatt"-Seniorenzentrums und gab der Stadt den größeren Teil der Weidenkaute (rund 11,3 Hektar), das die Stadt als Grünland und Streuobstwiese sichern konnte. Für den Bau des Kinder- und Jugendhauses in Bischofsheim durfte die Stadt außerdem den Lehrerparkplatz Erich-Kästner-Schule bebauen. Zusätzlich ermöglichte der Kreis eine großzügigere Gestaltung der Bushaltestelle vor der Albert-Einstein-Schule und beteiligte sich an den Kosten des Anbaus an der neuen Sporthalle der Werner-von-Siemens-Schule in Dörnigheim.[47]

Im Oktober 2011 wurde der Vertrag über die Bebauung eines Teils der Weidenkaute von Bürgermeister Erhard Rohrbach (CDU) sowie dem Kreisdezernenten André Kavai (SPD) unterzeichnet. Damit würde in Hochstadt ein vier Hektar großes Neubaugebiet entstehen.[48]

Im März 2013 fand der erste Spatenstich oberhalb der Kelterei Höhl statt.[49]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Vgl. http://web.archive.org/web/20230425183357/https://www.fr.de/rhein-main/main-kinzig-kreis/kreis-wird-altlast-11277222.html (25.4.23).
  2. Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 16.06.1972, S. 38.
  3. Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 16.02.1984, S. 34.
  4. Vgl. http://web.archive.org/web/20230425183357/https://www.fr.de/rhein-main/main-kinzig-kreis/kreis-wird-altlast-11277222.html (25.4.23).
  5. Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 03.04.1969, S. 41.
  6. Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 13.04.1971, S. 24.
  7. Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 16.06.1972, S. 38.
  8. Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 15.12.1979, S. 57.
  9. Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 15.12.1979, S. 57.
  10. Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 10.07.1984, S. 32.
  11. Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 15.07.1974, S. 23.
  12. Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 22.08.1975, S. 37.
  13. Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 15.12.1979, S. 57.
  14. Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 12.06.1975, S. 22.
  15. Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 27.08.1975, S. 28.
  16. Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 17.07.1975, S. 21.
  17. Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 19.07.1975, S. 36.
  18. Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 19.08.1975, S. 3.
  19. Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 22.08.1975, S. 37.
  20. Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 19.01.1976, S. 19.
  21. Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 29.07.1976, S. 27.
  22. Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 15.12.1979, S. 57.
  23. Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 16.02.1984, S. 34.
  24. Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 10.12.1985, S. 34.
  25. Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 10.07.1984, S. 32.
  26. Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 09.12.1985, S. 33.
  27. Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 10.12.1985, S. 34.
  28. Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 21.07.1987, S. 28.
  29. Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 03.10.1987, S. 52.
  30. Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 06.12.1989, S. 48.
  31. Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 15.09.2000, Nr. 215, S. 86
  32. Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 15.09.2000, Nr. 215, S. 86
  33. Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 15.09.2000, Nr. 215, S. 86
  34. Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 15.09.2000, Nr. 215, S. 86.
  35. Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 31.10.2000, Nr. 253, S. 68.
  36. Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 07.12.2000, Nr. 285, S. 72.
  37. Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 08.03.2001, Nr. 57, S. 70.
  38. Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 24.10.2000, Nr. 247, S. 66.
  39. Vgl. Frankfurter Rundschau v. 10.02.2005, S.36, Ausgabe: R Region.
  40. Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 26.02.2002, Nr. 48, S. 66.
  41. Vgl. Frankfurter Rundschau v. 22.11.2002, S.42, Ausgabe: R Region.
  42. Vgl. Frankfurter Rundschau v. 17.01.2003, S.41, Ausgabe: R Region.
  43. Vgl. Frankfurter Rundschau v. 23.02.2005, S.36, Ausgabe: R Region.
  44. Vgl. Frankfurter Rundschau v. 10.02.2005, S.36, Ausgabe: R Region.
  45. Frankfurter Rundschau v. 15.02.2005, S.36, Ausgabe: R Region.
  46. Vgl. Frankfurter Rundschau v. 23.02.2005, S.36, Ausgabe: R Region.
  47. Vgl. Frankfurter Rundschau vom 14.08.2009, Seite R16.
  48. Vgl. Frankfurter Rundschau vom 29.10.2011, Seite R 7.
  49. Vgl. Frankfurter Rundschau vom 19.03.2013, Seite R7.