Bürgermeisterwahl 1983
1983 wählte die Stadtverordnetenversammlung Walter Unger zum Bürgermeister der Stadt Maintal.
Termin und Wahlverfahren
Bis zum einschließlich 31. März 1993 wurden Bürgermeister von den Stadtverordneten gewählt.[1]
Vorgeschichte, Ausgangslage und Kandidaten
Vor der Entscheidung des Hessischen Städte- und Gemeindebundes im September 1982, also bevor Erwin Henkels Wechsel feststand, wurde bereits über seine Nachfolge spekuliert. Besonders das Verhalten der FDP wurde beobachtet. Die Freien Demokraten hatten sich zu Beginn der dritten Legislaturperiode mit den Sozialdemokraten auf eine lockere Zusammenarbeit verständigt, die wenige Sachfragen klärte, aber Erwin Henkel als Bürgermeister unterstützte. In den Sachfragen, wie etwa beim Haushalt 1982, waren FDP und CDU einander deutlich näher. Falls die FDP sich mit der SPD auf Walter Unger, der noch Erster Stadtrat war, als Nachfolger verständigen würde, könnte sie wieder Anspruch auf einen hauptamtlichen Sitz im Magistrat erheben. Sollte sie mit der CDU einen neuen Rathaus-Chef wählen, wäre kein hauptamtlicher Stadtratsposten neu zu vergeben.[2]
Erwin Henkel schlug vor, bis zu Wahl 1985, die Bürgermeisterstelle für zwei Jahre unbesetzt zu lassen, um Geld zu sparen. Das wurde von allen Seiten abgelehnt.[3]
Bei einer nichtoffiziellen Mitgliederversammlung der CDU versuchte der Vorsitzende Paul Mathes, der bereits zweimal Gegenkandidat Henkels war, für sich als Kandidat zu werben. Gegen ihn gab es Widerstand aus den Reihen der eigenen Stadtverordneten, die sich unter Druck gesetzt fühlten. Allerdings sorgte auch der Vorbehalt der Maintaler FDP gegen Mathes für Ärger, da sich die Christdemokraten von der kleinen FDP-Fraktion nicht den Kandidaten vorschreiben lassen wollten. Die Bereitschaft für einen CDU-Kandidaten war bei der FDP nämlich grundsätzlich vorhanden.[4]
Im Oktober 1982 haben sich die zuvor oft zerstrittenen Maintaler Sozialdemokraten geschlossen hinter ihren Kandidaten Walter Unger gestellt. Hinter diesem stünden somit 22 der 45 Stadtverordneten. Die CDU Maintal war dagegen gespalten und entschied sich mit achtzehn gegen neun Stimmen gegen den Vorsitzenden Paul Mathes als Kandidaten. Im Falle der Wahl Ungers würde ein Stadtratsposten freiwerden, den die Sozialdemokraten den Freidemokraten offerieren könnten. Die FDP erklärte jedoch, sie sei nicht am Posten des Ersten Stadtrates interessiert und wähle den fachlich geeignetsten Bürgermeisterkandidaten.[5]
Bei der Mitgliederversammlung der CDU am 4. November 1982 eskalierte der Streit um die Kandidatur für das Bürgermeisteramt. Die Mehrheit der Partei-Mitglieder stellte sich gegen den Fraktionsvorsitzenden Leopold Reinhart und die Mehrheit CDU-Fraktion und hinter den Parteivorsitzenden Paul Mathes, der schließlich erklärte, auch gegen den erklärten Willen der Fraktion zu kandidieren.[6]
Im November 1982 gründete der CDU-Parteivorstand gemeinsam mit der Fraktion eine Kommission, um einen Bewerber für das Bürgermeisteramt zu suchen. Der Fraktionsvorsitzende Leopold Reinhart wurde zur Überraschung von Partei und Fraktion einstimmig gewählt. Leopold Reinhart war zuversichtlich, einen Kandidaten zu finden, der schließlich in der Stadtverordnetenversammlung von CDU und FDP gewählt werden würde, obwohl die SPD der FDP einen Stadtratsposten anbieten konnte. Als Kandidat wurde der Jurist Jochen Heumannd gehandelt, der mal Frankfurts jüngster Stadtverordneter gewesen und zu diesem Zeitpunkt Erster Stadtrat von Hattersheim war.[7]
Die SPD bot der CDU als Ausweg an, für die Wahl Walter Ungers, den Stellvertreterposten der CDU zu überlassen. Da die CDU-Fraktion gespalten war und der SPD lediglich eine Stimme fehlte, wurde die Wahl Ungers damit sehr wahrscheinlich.[8] Dass Unger scheinbar nur ein sozialdemokratischer Verlegenheitskandidat war,[9] spielte damit aufgrund der Zerstrittenheit der CDU und den Mehrheitsverhältnissen keine Rolle mehr. Die Möglichkeit einer Koalition beider Parteien wurde allerdings beiderseits aufgrund von zu großen inhaltlichen Differenzen deutlich bestritten.[10]
In einer Mitgliederversammlung des CDU-Ortsverbandes Dörnigheim wurde das SPD-Angebot der "Koalition in Personalfragen" klar abgelehnt. Die Mehrheit der Fraktion setzte weiterhin darauf, einen Bürgermeisterkandidaten zu finden und diesen mit der FDP und somit mit einer Mehrheit von einer Stimme in der Stadtverordnetenversammlung zum Nachfolger Henkels wählen zu können. Befürchtet wurde allerdings, dass aus dem Mathes-Lager eine Stimme für Walter Unger abgegeben werden könnte, sodass dieser dann wenigstens den Stadtratsposten einnehmen würde.[11]
Am 14. Dezember 1982 wählte die CDU-Fraktion den promovierten Historiker Thomas Groß einstimmig zu ihrem Bürgermeisterkandidaten.[12] Gegen Thomas Groß sprach die mangelnde kommunalpolitische Erfahrung, die in der Ausschreibung gefordert wurde. In einem anonymen Leserbrief an eine Lokalzeitung wurde daher an seiner Wählbarkeit gezweifelt. Sowohl die CDU-Fraktion als auch der Stadtverordnetenversteher bestellten daraufhin Rechtsgutachten. Ein Nutzen durch den Brief wurde Mathes zugeschrieben, der mit seinen Anhängern die Kandidatur von Thomas Groß kritisierte.[13]
Die CDU Maintal stellte im Januar 1983 den Ersten Stadtrat von Dreieich, Klaus Vetzberger, als Bürgermeisterkandidat auf. Am 19. Januar erklärte die FDP in einer erweiterten Fraktionssitzung ihre Unterstützung für Vetzberger. Dass die FDP unter den beiden knapp 40-jährigen Juristen, Vetzberger und Unger, die zudem beide in dieser Zeit als Erste Stadträte arbeiteten, lag hauptsächlich an der inhaltlichen Nähe zur CDU.[14] Rein rechnerisch hätte Vetzberger mit den Stimmen von CDU und FDP eine Stimme mehr als der SPD-Kandidat Walter Unger gehabt.
Wahlausgang
In der Sitzung der Stadtverordnetenversammlung am 31. Januar 1983 wurde Walter Unger mit 23 Stimmen als Nachfolger von Erwin Henkel gewählt. Auf den von CDU und FDP unterstützten Klaus Vetzberger entfielen 22 Stimmen, obwohl beide Fraktionen zusammen über 23 Stimmen verfügten. Dem CDU-Stadtverordneten Klaus Juritko[15] war vor der Wahl vorgeworfen worden, dass er sich von der SPD hatte bestechen lassen, um Unger zu wählen. Vor der Wahl gab er noch eine persönliche Erklärung ab, in der er die Vorwürfe bestritt. Dieser schlug als dritten Kandidaten neben Vetzberger und Unger noch den ehrenamtlichen Stadtrat Paul Mathes zur Wahl vor. Der SPD-Fraktionsvorsitzende Peter Laskowski gab bekannt, dass das Angebot der SPD noch stehe und sie bereit seien, einen Kandidaten von der CDU zum Ersten Stadtrat zu wählen.[16]
Folgen
Nach der Wahl traten Paul Mathes und Klaus Juritko aus der CDU aus. Letzterer trat auch aus der Fraktion aus und wurde fraktionsloser Stadtverordneter. Mathes blieb zunächst ehrenamtlicher Stadtrat. CDU und FDP verloren somit ihre gemeinsame Mehrheit in der Stadtverordnetenversammlung und hatten wie die SPD 22 Mandatsträger. Paul Mathes und Klaus Juritko erklärten nach der Wahl, dass es vonseiten der Christdemokraten Bestechungsversuche gab: Im Falle der Wahl Vetzbergers sollte Mathes den nächsten freiwerdenden hauptamtlichen Stadtratsposten erhalten und Juritko würde zur Belohnung Leiter des städtischen Bauhofs werden.[17] Weil in der CDU nach dem Austritt beider Stimmung gegen sie gemacht worden sei, trat auch Walter Herwig aus der Partei aus und schloss sich zusammen mit Klaus Juritko. Diese neue, vierte Fraktionsgemeinschaft kündigte Gespräche mit anderen Parteien an, insbesondere mit der SPD, die ihrerseits Hilfe angeboten hatte und bereit war, Paul Mathes zum Ersten Stadtrat zu wählen.[18]
Außerdem warfen die Liberalen den Sozialdemokraten vor, diese hätten sie zur Wahl Ungers mit dem Versprechen des freiwerdenden Stadtratsposten locken wollen. Zudem soll Eyerkaufer angekündigt haben, zum Machterhalt notfalls auch Paul Mathes als hauptamtlichen Stadtrat zu akzeptieren. Die SPD hingegen warf der FDP vor, gegen alle Bekundungen durchaus an Posten interessiert gewesen zu sein und den Bürgermeister stellen zu wollen. Nach für die FDP nicht zufriedenstellenden Gesprächen sollen sie, so Eyerkaufer, der CDU die Unterstützung eines Bürgermeisterkandidaten zugesichert haben.[19]
Am 1. März 1983 begann die erste Amtszeit von Walter Unger.[20]
Einzelnachweise
- ↑ Vgl. Klein, M., Lüdecke, Y. Ent-Parteipolitisierung und faktischer Konkurrenzausschluss bei Bürgermeister- und Landratswahlen. Z Politikwiss 28, 125–146 (2018), Seite 134. https://doi.org/10.1007/s41358-018-0134-3.
- ↑ Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 23.06.1982, S. 39.
- ↑ Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 05.08.1982, S. 27.
- ↑ Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 22.10.1982, S. 58.
- ↑ Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 26.10.1982, S. 35.
- ↑ Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 06.11.1982, S. 44.
- ↑ Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 10.11.1982, S. 43.
- ↑ Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 25.11.1982, S. 39.
- ↑ Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 24.11.1982, S. 46.
- ↑ Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 25.11.1982, S. 39.
- ↑ Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 04.12.1982, S. 47.
- ↑ Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 16.12.1982, S. 33.
- ↑ Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 03.01.1983, S. 28.
- ↑ Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 20.01.1983, S. 27.
- ↑ Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 12.02.1983, S. 36.
- ↑ Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 01.02.1983, S. 29.
- ↑ Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 12.02.1983, S. 36.
- ↑ Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 14.02.1983, S. 26.
- ↑ Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 18.02.1983, S. 43.
- ↑ Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 01.02.1983, S. 29.