Bürgermeisterwahl 1995

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1995 wurde Erhard Rohrbach der erste direkt gewählte Bürgermeister Maintals.

Termin und Wahlverfahren

Bis zum einschließlich 31. März 1993 wurden Bürgermeister von den Stadtverordneten gewählt.[1]

1995 fand erstmals eine Direktwahl des Maintaler Bürgermeisters statt.

Nach § 39 Ia HGO wird der Bürgermeister in Hessen in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt. Falls im ersten Wahlgang kein Kandidat die absolute Mehrheit der Stimmen erhält, findet nach § 39 Ib HGO ein zweiter Wahlgang als Stichwahl zwischen den beiden Bewerbern mit den meisten Stimmen statt.

Vorgeschichte und Ausgangslage

Mit der Wahl von 1993 wurde die rot-grüne Kooperation beendet, da die SPD große Verluste zu verzeichnen hatte. Stattdessen gab es eine Zusammenarbeit zwischen der CDU und der Wählergemeinschaft "Freie Maintaler".[2][3][4]

Kandidaten und Wahlkampf

Der sozialdemokratische Amtsinhaber Walter Unger trat zur ersten Direktwahl des Bürgermeisters von Maintal nicht an. Er schlug seiner Partei vor, nach amerikanischem Vorbild die Bevölkerung schon bei der Kandidatenaufstellung mitentscheiden zu lassen. Eine Findungskommission der Partei präsentierte aus der Menge an potenziellen Kandidaten vier Bewerber, die sich im Sommer 1994 in Veranstaltungen in allen vier Stadtteilen vorstellten und über die nach jeder der vier Veranstaltungen abgestimmt wurde. Der Sieger in diesem in Bevölkerung und Partei zunächst umstrittenen Verfahren sollte auf einem Stadtverbandsparteitag am 14. Juli zur Kandidatur vorgeschlagen werden. Mehr als die Hälfte der etwa 400 Besucher der Veranstaltungen war kein SPD-Mitglied. Der Erste Stadtrat von Gotha, Peter Laskowski, der bereits mehrfach vor seinem Abgang nach Thüringen erfolglos versucht hatte, hauptamtliches Magistratsmitglied in Maintal zu werden, erhielt bei diesen Veranstaltungen 247 Stimmen und war damit klarer Favorit vor Lothar Schäfer, Karl-Heinz Blasweiler und Peter Ott. Für die CDU galt bereits Monate vor der Mitgliederversammlung, die den Kandidaten bestimmen sollte, Erhard Rohrbach als sicherer Kandidat. Er war bereits über viele Jahre Fraktionsvorsitzender und war in der laufenden sechsten Legislaturperiode Stadtverordnetenvorsteher.[5]

Der SPD-Stadtverbandsparteitag entschied sich mit seinen 55 Delegierten einstimmig bei einer Enthaltung für Peter Laskowski als Kandidaten zur Bürgermeisterwahl am 29. Januar 1995. Der Stadtverbandsvorsitzende Siegfried Bornat hob Laskowskis guten Kontakte zu Vereinen und seine Bürgernähe hervor.[6]

Eine Mitgliederversammlung der CDU nominierte Erhard Rohrbach im September 1994. Die Wählergemeinschaft Freie Maintaler entschied sich für den in Hochstadt lebenden Peter Czerwonka. Als Favorit galt der sehr bekannte Peter Laskowski, der aus dem größten Stadtteil, Dörnigheim, stammt. Eine hohe Bekanntheit hatte auch der Hochstädter Rohrbach, der 1981 in den Kreistag und 1985 in die Stadtverordnetenversammlung gewählt wurde. Erhard Rohrbach trat an mit der Aussage, dass sich die Maintaler bald nicht mehr für die Verwaltungsspitze schämen bräuchten und wollte "Jahre der Agonie und Peinlichkeiten" vergessen machen. Die Wahl fand am 29. Januar 1995 statt und eine Stichwahl, mit der gerechnet wurde, war für den 13. Februar terminiert.[7]

Der Stadtverordnetenvorsteher Erhard Rohrbach warf Walter Unger und Karl-Heinz Schreiber, die er als "von auswärts geholte Wanderbürokraten" verunglimpfte, vor, die Bürger bevormundet, bürgerfern gehandelt und Geld verschwendet zu haben. Er plante für seine Amtszeit eine Verwaltungsreform und wollte die Personalkosten um 25 bis 30 Prozent senken. Außerdem meinte Rohrbach, die Stadt hätte aufgrund hoher Personalkosten zu wenig Geld für die Sanierung von Straßen gehabt. Er führte "Schlaglöcher in Fahrbahnen, undichte Dächer in Bürgerhäusern und Kindergärten" als Beleg an.[8]

Peter Laskowski hatte im Wahlkampf den Vorteil, gut im Maintaler Vereinsleben vernetzt zu sein. Er hatte bereits drei erfolglose Anläufe auf hauptamtliche Magistratsposten hinter sich. Zuletzt wurden Auswärtige Stadträte und Bürgermeister, weil die Ortsverbände der Maintaler SPD "von Beginn an innerlich zerrissen und von Stadtteilmachtkämpfen geprägt war". Das soll auch Grund für Erwin Henkels Wechsel aus dem Bürgermeisteramt gewesen sein. Darauf ging Laskowski nach der Wende in den Osten und wurde Erster Stadtrat in Gotha. Außerdem war er eine kurze Zeit thüringischer SPD-Vorsitzender. Unterstützt wurde Peter Laskowski auch von den Grünen. Laskowski nahm sich eine Verwaltungsmodernisierung und neues Kostenbewusstsein für die Stadt vor. Dies habe er bereits in Gotha erfolgreich umgesetzt.[9]

Der Kandidat der Freien Maintaler, der Journalist Peter Czerwonka, hatte die Devise "Mut zum Neuen" und plante eine Verwaltungsreform. Er wollte die Stadt auf gesetzlich vorgeschriebene städtische Leistungen beschränken. Czerwonkas Plan sah vor, das sehr große städtische Kulturangebot komplett zu streichen und alle freiwilligen Leistungen Vereinen und freien Organisationen zu überlassen. Diese sollten dann von der Stadt unterstützt werden. Besonders dieser Teil seines Wahlprogramms wurde leidenschaftlich diskutiert.[10]

Wahlausgang

Bei der Bürgermeisterwahl am 29. Januar 1995 erhielt Erhard Rohrbach 52,12 Prozent, wodurch die Wahl bereits im ersten Wahlgang entschieden war. Für Peter Laskowski hatten sich 39,39 Prozent entschieden und auf Peter Czerwonka entfielen 8,49 Prozent der Stimmen. Die Wahlbeteiligung lag bei 49,6 Prozent.[11]

Einzelnachweise

  1. Vgl. Klein, M., Lüdecke, Y. Ent-Parteipolitisierung und faktischer Konkurrenzausschluss bei Bürgermeister- und Landratswahlen. Z Politikwiss 28, 125–146 (2018), Seite 134. https://doi.org/10.1007/s41358-018-0134-3.
  2. Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 10.04.1993, Nr. 84, S. 65.
  3. Vgl. FR Nr. 045 v. 22.02.1995 Seite 3 LR Lokalrundschau, Ausgabe: Main-Kinzig-Kreis.
  4. Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 28.01.1995, Nr. 24, S. 57.
  5. Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 12.07.1994, Nr. 159, S. 39.
  6. Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 16.07.1994, Nr. 163, S. 51.
  7. Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 13.09.1994, Nr. 213, S. 48.
  8. Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 28.01.1995, Nr. 24, S. 57.
  9. Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 28.01.1995, Nr. 24, S. 57.
  10. Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 28.01.1995, Nr. 24, S. 57.
  11. Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 31.01.1995, Nr. 26, S. 44.